Mit der Verabschiedung des Bürokratieentlastungsgesetzes IV (BEG IV) im Bundestag stehen für Gewerbemietverträge weitreichende Änderungen bevor. Diese Reformen betreffen insbesondere die formellen Anforderungen an Mietverträge und haben das Ziel, Unternehmen von unnötiger Bürokratie zu entlasten. Die entscheidende Neuerung: Zukünftig genügt für Gewerbemietverträge die Textform – vorausgesetzt, der Bundesrat stimmt dem Gesetz noch zu.
Bisherige Rechtslage: Schriftformerfordernis
Bislang mussten Gewerbemietverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr zwingend in Schriftform gemäß §§ 550, 578, 126 Abs. 1 BGB abgeschlossen werden. Bei Missachtung dieser Vorgabe konnte ein Mietvertrag, trotz längerer Festlaufzeit, vorzeitig gekündigt werden. Diese strengen Anforderungen führten oft zu Rechtsunsicherheit, insbesondere bei langfristigen Gewerbemietverträgen, die mit hohen Investitionen verbunden sind.
Selbst kleine Fehler, wie das Fehlen einer Unterschrift oder formale Abweichungen, konnten einen Verstoß gegen die Schriftform darstellen. Für viele Unternehmen war dies eine Herausforderung, da die Regelungen rund um die Schriftform komplex sind und zahlreiche Problembereiche umfassen.
Zweck des Schriftformerfordernisses
Das Schriftformerfordernis diente vor allem dazu, dem Käufer einer Immobilie die Möglichkeit zu geben, sich von langfristigen Mietverträgen zu lösen, die er mit der Immobilie übernimmt (§ 566 Abs. 1 BGB). Da ein Erwerber bei unzureichender Schriftform den Vertrag nicht vollständig prüfen konnte, bestand die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung.
In der Praxis nutzten jedoch auch die Vertragsparteien selbst Schriftformverstöße, um unerwünschte Langzeitmietverträge aufzulösen. Dieser bürokratische Formalismus stieß oft auf Unverständnis – besonders bei internationalen Geschäftspartnern.
Die neue Rechtslage nach dem BEG IV
Am 26. September 2024 hat der Bundestag das Bürokratieentlastungsgesetz IV verabschiedet (BT-Drucksache 20/11306). Es hebt das bisherige Schriftformerfordernis für Gewerbemietverträge auf und ersetzt es durch die Textform nach § 126b BGB. Dies betrifft Verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr. Liegt der Vertrag nicht in Textform vor, gilt er als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann, wie bisher bei Schriftformverstößen, ordentlich gekündigt werden.
Die Textform verlangt geringere Anforderungen: Eine lesbare Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger, beispielsweise per E-Mail, als PDF oder Fax, genügt. Es ist keine Unterschrift mehr erforderlich, solange der Absender eindeutig identifizierbar ist.
Inkrafttreten und Übergangsregelungen
Das BEG IV tritt in Kraft, sobald der Bundesrat zustimmt und es im Gesetzblatt veröffentlicht wird. Der erste Tag des auf die Verkündung folgenden Quartals markiert den Start der neuen Regelung. Es wird einen einjährigen Übergangszeitraum geben, in dem bestehende Gewerbemietverträge aufgrund eines Schriftformmangels noch ordentlich gekündigt werden können. Nach Ablauf dieser Frist gelten die neuen Textformvorgaben für alle Mietverträge.
Auswirkungen auf zukünftige Gewerbemietverträge
Unternehmen sollten die neuen Anforderungen genau beachten und alle Vertragsvereinbarungen in Textform festhalten. Unklarheiten über den Status der Vertragsverhandlungen können zu Missverständnissen führen, daher ist eine sorgfältige Dokumentation unerlässlich. Willenserklärungen müssen in Textform zugestellt werden, wobei die Nachweisbarkeit der Zustellung, vor allem bei E-Mails, eine Herausforderung darstellt.
Gewillkürte Schriftform
Um den bisherigen Standard beizubehalten, können Mietparteien eine sogenannte gewillkürte Schriftform vereinbaren, die festlegt, dass der Vertrag und sämtliche Änderungen schriftlich erfolgen müssen. Diese doppelte Schriftformklausel bietet jedoch keinen absoluten Schutz, da sie durch eine mündliche Vereinbarung aufgehoben werden kann (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2017 – XII ZR 69/16).
Auswirkungen auf die Due Diligence bei Immobilientransaktionen
Im Rahmen von Immobilientransaktionen könnte die Einführung der Textform den Prüfungsaufwand erhöhen, da auch der gesamte E-Mail-Verkehr geprüft werden muss, um mögliche textformkonforme Nebenabreden aufzudecken. Verkäufergarantien, dass keine solchen Nebenabreden bestehen, sollten daher in den Kaufverträgen verankert werden, um das Risiko zu minimieren.
Fazit: Bürokratieabbau durch das BEG IV
Das BEG IV bringt mit der Einführung der Textform eine erhebliche Erleichterung für den Abschluss von Gewerbemietverträgen. Dies könnte die Flexibilität und Effizienz im Geschäftsalltag deutlich erhöhen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Änderungen tatsächlich zu einer Reduzierung der Rechtsunsicherheit führen und wie schnell sich alle Beteiligten an die neuen Vorgaben anpassen. Der Bürokratieabbau könnte in diesem Bereich jedoch einen wichtigen Schritt nach vorne machen.